Vorwort
Die genaue Zahl an Reisen, Ausflügen und Events zu den Quellen der Whisky & Whiskey Herstellung in Schottland, Irland, Deutschland der Schweiz und vielen weiteren Ländern können wir gar nicht mehr genau zählen. Ist eigentlich auch Wurscht! Denn jedes Mal aufs Neue freuen wir tolle Eindrücke zu sammeln, tiefgreifendes Wissen aufzusaugen, den direkten Kontakt zu den Produzenten zu suchen vieles mehr. Es entsteht derzeit viel Neues auf der Grünen Insel und erweitert Altbewährtes. Dieser Mix an Herstellern von Whiskey immer interessanter und durch uns während der Reisewoche dokumentiet und auf viele, viele geniale Bilder und Videos gebannt.
Und hier nun unsere Publikation einer Whiskey-Reise der besonderen Art im sonnigen Mai in Irland während in Deutschland die Welt fast untergeht und die Kälte nicht weichen will. Wir präsentieren hier tolle Landschaften und exklusiven Events mit Whiskey durch die Mitte und nördlichen Teil der Republik Irland sowie dem Staat Nordirland. Um es vorweg zu nehmen – wir selbst müssen unser geprägtes Bild aus den Medien über Northern Ireland nochmals neu aufbereiten – aber lesen sie mehr dazu in den einzelnen Reisedokumentationen.
Im Frühjahr 2017 sind es fünf Liebhaber des Whiskey, die den in besonderen Eichenfässern gereiften Edelspirituosen auf Basis von Korn und Gerste, wirklich auf den Grund gehen (wollen). Auf ins Land des Guinness, der Porter-, Ale- und Stout-Biere.
Die Reise beginnt mit Geschichte
Zu Beginn noch ein wenig zur jüngeren Whiskey-Geschichte der Iren. Die Grüne Insel bot um die Jahrtausendwende ein trauriges Bild im Bezug auf die Anzahl an Whiskey-Brenenreien und Vielzahl an unterschiedlichen Marken in den Regalen. Jetzt, über 16 Jahre später, ist ein ungeahnter Boom am Laufen, ja fast am Rennen, der mit neuen und vielen alten (wiederbelebten) Marken und tollen Whiskey-Abfüllungen die Geniesser erfrischt. Zum Beispiel die West Cork Distillers im Süden, Waterford in der gleichnamigen Stadt, die neue Tullamore D.E.W. Mega-Brennerei oder Teeling in der Hauptstadt der Republik. Walsh Whiskey oder Glendalough, wir könnten mit der Aufzählung gerade so weiter machen. Noch ganz zu schweigen was sich ab der zentralen Mitte des Landes, im Westen am Atlantik Way bis in den Norden und im Osten tut. Aber davon wollen wir schließlich auch hier berichten.
Freitag, der 05. Mai 2017
Um die Mittagszeit verabschieden wir uns von unseren Liebsten und fahren gemeinsam auf den kleinen Regional-Airport nach Memmingen. Von uns aus gesehen, südlich von Ulm gelegen, ist das eine kurze Fahrtstrecke zum nächstgelegenen Irland-Zubringer von etwas mehr als einer Stunde.
Dublin und die Nacht
Es ist schon schön nach dem kurzen zweistündigen Fug in Dublin bei strahlendem Sonnenschein anzukommen. Und das Beste daran, was sich jeder Urlauber sehnlichst wünscht und wir noch nicht wissen können, did Sonne, wir haben die ganze Woche über das genialste Wetter mit viel Sonnenschein und keinem Wölkchen am Himmel. Es ist nun schon kurz nach 21 Uhr als wir im Hotel in der Parnell Street einchecken und direkt im Anschluß per pedes den Abend ereignisreich im Temple Bar District erleben wollen. Nach einem Fußmarsch von knapp 15 Minuten Richtung Süden schreiten wir über die Ha´penny Bridge und queren damit den River Liffey und stehen damit direkt im Temple Bar District – Der Feiermeile der Hauptstadt.
Denn es ist Freitag Abend und die Straßen rund um die Bars sind voll von erlebnishungrigen Touristen und Einheimischen auf der Suche nach Livemusik und einem leckeren Getränk. Wir lassen den bekanntesten aller Pubs Dublins erst mal links liegen und entscheiden uns für den Old Storehouse Pub. Aus dem schwappt schon die Livemusik auf die Straße und lädt uns erst recht ein einzutreten.
The Temple Bar Pub
Klar ist die Grüne Insel keine Weltreise aus dem Süden von Deutschland gesehen, dennoch ist es toll endlich an der Bar mit seinen Freunden stehen zu können und die Seele bei netten Gesprächen endlich baumeln zu lassen. Um halbeins morgens und nach etlichen dunklen, bernsteinfarbigen und cremigen Guinness machen wir uns schließlich auf dem Pub aller Pubs, der auch gleichzeitig den Namen der gesamten Feiermeile trägt, The Temple Bar Pub, einen Besuch abzustatten. Alleine schon die rote Farbe der äußeren Holzvertäfelung mit der tollen Beleuchtung lädt zu einem letzten Bierchen ein bevor wir dann müde ins Bett fallen werden. Aber wir wollen noch etwas mehr, denn schließlich sind wir Whiskyhändler, und es geht darum den Chef selbst zu treffen.
Warum den Chef? In früheren Tagen hatten viele irische Pubs ihre eigenen Whiskey-Abfüllungen mit dem Namen der Kneipe im Ausschank stehen. Diese Tradition ist leider stark zurück gegangen und The Temple Bar knüpft im Moment wieder an die alten Tage an mit seiner eigenen The Temple Bar Whiskey Serie. Die Reihe der Produkte startet mit einem Blended Whiskey, älteren Abfüllungen bis zum reinrassigen 15-jährigem reinrassigen Single Malt. In der Bar brummt es derweil und wir kommen trotz mehrerer Versuche weder an den Chef noch seine Frau auf ein Wort heran. Egal für heute! Die Produkte haben wir eh schon im alleswhisky.de Shop gelistet und wir haben dem Barkeeper unsere Adresse hinterlassen, mit der Bitte, wenn wir nächsten Samstag wieder in Dublin wieder aufschlagen werden um die Mittagszeit ein kurzes Treffen zu gestalten. Schau mer mal ob sie sich melden werden! Man sagt ja auch Teile der Waren reifen in Eichenfässern, die direkt unter den feiernden Menschen im Keller liegen. Das hätten wir doch gerne mal gesehen. Doch der Barmann meinte recht verstohlen er denkt dass die meisten Eichenfässer in der Cooleys Whiskey Distillery Richtung Nordirland liegen würden. So nun aber wieder rüber über den Liffey in den Norddistrikt ins Jurry Inn Hotel und schnell die Augen zu.
Morgens um 01:30 Uhr leeren sich langsam die Straßen von Dublin und einige der Besucher nehmen sicherlich schwere Köpfe mit in ihre Unterkunft.
Samstag, der 06. Mai 2017
Etwas verspätet als ursprünglich geplant starten wir ab 9 Uhr unser gemeinsames Frühstück mit einem Full Irish und reisen danach gestärkt ab ins nordwestlich gelegene Boyne Valley.
The Boune Valley
In der durch die Unseco als Weltkulturerbe geschützten Region wurde schon vor mindestens 9.000 Jahren Geschichte geschrieben und kann damit ein wenig als die Kinderstube Irlands mit den ältesten Denkmäler bezeichnet werden. Im heutigen County Meath tobte früher die Schlacht um Boyne, einer der bedeutensten Ereignisse in der Geschichte des Landes. Mächtige Monolithengräber sind zu bestaunen, mythische Steinkreise und Burgen. Wir entscheiden uns für Brú na Bóinne, der Newgrange Begräbnisstätte, und sind beeindruckt von der schieren Größe und Bauform des Hügels.
Dann gibt es hier im Tal noch den Hill von Tara, einst Sitz der irischen Hochkönige und heiligste Stätte Irlands. Trim Castle zählt zu den größten und beeindruckendsten anglonormannischen Kastellen ganz Irlands. Das Mellifont Abbey war wohl eines der wohlhabendsten und einflussreichsten Klöster im Mittelalter. Oder das Kreuz von Muiredach in Monasterboice, sicherlich eines der schönsten und besterhaltenene Hochkreuz Irlands. Und natürlich Slane Castle, die Residenz des berühmtesten irischen Aristokraten Henry Conyngham, dem Earl of Mount Charles.
Auch in Slane tut sich 2017 etwas in Sachen Whiskey, den die Mutter des so wohlbekannten Jack Daniel´s Tennessee Whiskey, Brown-Forman, lässt auf dem Gelände des Slane Castle eine neue Brennerei entstehen und sich dazu gleich gleich Vor-Ort von Fachleuten beraten.
Kilbeggan Distillery
Wir gehen weiter im Tagesplan und reisen mit dem gemieteten Van weiter zum nächsten POI in die Mitte der Insel. Es geht in die kleine Ortschaft Kilbeggan direkt am Motorway M6, von Dublin kommend Richtung Galway, gelegen. Wir machen heute nur einen kurzen Abstecher zur Kilbeggan Distillery um ein paar weitere Bilder zu schießen und zumindest eine Flasche Connemara Single Malt Whisky für die schönen Momente dieser Reise an den Stränden im Westen zu kaufen.
Kilbeggan, auch als John Lockes Distillery bekannt, ist heute nur noch der Schatten seiner selbst. Was heute unter der bekannten Marke Kilbeggan verkauft wird kommt nicht mehr aus dem County Offaly, sondern wird im Osten dem County Louth, in der großen Cooley´ s Distillery gebrannt. Dabei will uns die Industrie und der heutige Besitzer Beam Suntory gerne weiss machen was hier so alles hergestellt wird.
Der unabhängige Dr. John Teeling hatte seinerzeit im Jahr 1987 wieder den Grundstock gelegt, dass eingeschlafene irische Whiskeymarken Fahrt aufnehmen und Stärke zeigen können. Dazu kaufte er mehrere Marken und die ehemalige Kartoffelbrennerei Cooley und ließ sie mit gebrauchten Brennblasen und Equipment zu einer Whiskey Destillerie umbauen. Und genau von dort aus dem Osten bei Dundalk beziehen Anbieter ihre Produkte und labeln sie nach ihrem Gusto.
Aber zurück zu Kilbeggan: In Scharen strömen die Besucher zur ältesten und wieder minimal operierenden Whiskey Brennerei aus dem Jahr 1757. Und damit ist sie auch älter als die Old Bushmills in Antrim auch wenn diese das Jahr 1608 auf ihren Flaschen verewigt haben. Da wird viel mit Geschichte und Zahlen gearbeitet, und der Verbraucher fast in wenig in die Irre geführt.
Trotzdem ist es fast Pflicht dieser Ikone des Irish Whiskey selbst einen kurzen Besuch abzustatten. Wir hatten ja schon letztes Jahr Mai ein unserer Whisky Reise Irland 1.0 Reise eine ausgedehnte Tour durch die betagte Lady der gereiften Kornbrände und konnten uns einen guten Eindruck über den Zustand verschaffen.
Im Restaurant lassen wir den Besuch bei einer Kanne Tee, Scones und Clotted Cream ausklingen. Unsere beiden Irland Rookies Uwe und Thomas wollen wir nämlich eigentlich etwas ganz anderes zeigen.
Alte Distillationstechnik
Und dann noch die alten Coffey Still Brennblasen die bei Kilbeggan fast wie abgestellt herumstehen. Dem reinen Touristen werden diese Ungetümer nichts sagen wollen, jedoch der Fachmann sieht sofort die geschichtliche Bedeutung dieser auch heute noch eingesetzten und führenden Technologie.
Die Destillierapparate hatte ein gewisser Aeneas Coffey, Franzose und ehemaliger Steuerinspektor in Irland, aus einem Vorläufer von Mr. Stein für die permanente Produkten und Destillation von Spirituosen verbessert und dann für sich patentieren lassen. Die Iren wollten die hohen und schmalen Stills anfänglich nicht, also zog er weiter nach Schottland und rüstete damit erfolgreich zahlreiche große Whiskey-Produzenten aus. Nachdem die Technik bei den Nachbarn etabliert war wollten nun auch die Iren die Technologie wieder haben.
Auf die Vorderseite der Kilbeggan Brennerei, direkt an der Durchgangsstrasse schaufelt ein altes Mühlrad unaufhörlich Wasser, um die alten museumsreifen Anlagen zu betreiben. Grosse Produktion von Whiskey ist hier schon lange nicht mehr zu sehen. Wir wollen unseren Kunden in jedem Fall zeigen dass wir hier waren und breiten dazu unser alleswhisky.de Banner „The Whisky Shop“ aus. Dazu haben wir extra für unsere Irland Reisen ein Banner in grüner Schrift angefertigt. Quasi mit Stil reisen, fotografieren und dokumentieren. Denn wir können nicht nur Whisk(e)ys über unsere Shops und Online-Präsenzen verkaufen, wir planen und führen auch exklusive und einzigartige Reisen zu den Quellen der Herstellung durch.
Die alte Technolgie für das Brennen von Spirituosen, die wir vorher angesprochen hatten, ist nach Aussage der Locals nach dem Rückbau der früheren Tullamore Brennerei in den 1960er Jahren irgendwann zu Kilbeggan gewandert. Die Marke Tullamore wurde nämlich an John Powers & Sons nach Dublin verkauft und die Gebäude und Technologien entweder abgerissen oder an andere Standorte des Eigentümers verbracht.
Kleine irische Whiskey-Geschichte – Jameson, Powers & Co.
Im Jahr 1954 floss der letzte Tropfen Spirituose durch die Brennblasen von Tullamore etwas südlich von Kilbeggan, dann war endgültig das Ende gekommen. Die Prohibition in den USA, der Anglo-Irische Kampf um Marken und Rechte wie auch die hohen Steuern im eigentlich noch jungen irischen Free State, der heutigen Republik, belasteten damals nicht nur Tullamore schwer. Viele irische Destillerien starben damals auf ihrem Weg und auch Tullamore D.E.W. ereilte genau das gleiche Schicksal.
Klar besass nun Powers aus Dublin die Markenrechte für Tullamore, bekam aber genauso wie auch Jameson und Cork im Süden das gleiche Problem und musste schließlich den Offenbarungseid im Jahr 1966 ausrufen. Das Resultat: Entweder gemeinsam in einer Brennerei für mehrere Marken unter einem Dach oder ebenfalls wie Tullamore langsam sterben. Die drei entschlossen sich im Süden Nahe Cork die Irish Distillers zu gründen und Jameson, Powers und Cork schlüpften Ende der 60er unter das gemeinsam geschaffene Dach. Selbst Old Bushmills aus Nordirland gesellte sich zwischenzeitlich dazu in die große Gemeinschaft um überleben zu können. Die irische Whiskey-Wirtschaft hätte bei Nichteinigung eventuell aufgehört zu existieren! Alle bisherigen Standorte in Dublin wurden geschlossen und in der New Midelton Destillery im Süden vereinigt.
Es ist sicherlich schwierig für viele Besucher zu verstehen, wie das ganze irische Konstrukt der Whiskey-Wirtschaft aufgebaut ist. Die meisten Touristen sind der Auffassung wenn sie nach Dublin in die Jameson Experiance gehen würden sie gleichzeitig im Produktionsstandort stehen, genauso in Tullamore im Old Warehouse. Dies ist mitnichten so, da Stand 2016 geschätzt bestimmt 80% der bedeutenden irischen Marken im Süden der Republik an einem Standort hergestellt werden. Immer die gleichen Brennblasen, jedoch mit unterschiedlichen Grundprodukten wie auch Herstellungs- und Reifevarianten für Individualität, um am Ende dem Geschmack der alten Marken so nahe wie möglich zu kommen.
Aber die Zeiten ändern sich derzeit in Irland mit vielen neuen Anbietern und Marken, denen wir von ganzem Herzen viel Glück und gute Märkte für die Zukunft wünschen wollen. Wir werden sicherlich noch viele davon im Laufe der Jahre besuchen und genießen dürfen.
Somit ist genau die alte Kilbeggan eine der Puppenstuben der langen irischen Whiskey-Geschichte. Punkt!
Einige irische Marken und Herstellungsorte
Also mal die irische Whiskey-Industrie zusammengefasst: So wie der Jameson Whiskey, Paddy´s, Powers, Redbreast oder die Yellow und Green Spot in der New Midleton Brennerei nahe Cork entstehen, wird der Kilbeggan bei Cooley´s im County Louth gebrannt. Ganz anders als in Schottland, wenn Glenfiddich draufsteht, auch eine Brennerei gleichen Namens dahinter steht. Auch der rauchige Connemare und der Tryconnell stammen von Cooley.
Ganz interessant und in Deutschland einen sehr guten Namen ist auch der Tullamore Whiskey, für den es bis 2014 gar keine Brennerei mehr gab. Auch diese große irische Marke wurde bislang bei anderen Herstellern gebrannt und anschließend gereift um schließlich nach dem Blending mit dem Label auf der markanten Flasche ein Tullamore zu werden.
New Tullamore D.E.W. Distillery
Die New Tullamore D.E.W. Distillery liegt gute 15 Fahrminuten südlich von Kilbeggan am südlichen Ortsrand der Stadt Tullamore und zeigt eindrücklich wie steil es derzeit mit dem Irish Whiskey aufwärts geht. Der schottische Spirituosenmulti William Grant & Sons kaufte nämlich vor einigen Jahren die Markenrechte an Tullamore. Und die Schotten klappern wie bekannt nicht nur mit dem Geschirr, sie klotzen regelrecht auf um Erfolg zu haben und wieder etwas Großes aus dem Brand zu machen.
In Schottland in der Speyside-Region produzieren diese in der selbsternannten Welthauptstadt Dufftown die äußerst erfolgreichen Glenfiddich und Balvenie Single Malts um nur die erfolgreichsten Scotch´s ihres Gesamtportfolio zu benennen. In Irland wurde jetzt ebenfalls mit Tullamore aufgerüstet und aus der Marke gleich der neue Herstellungsort mit dazu gebaut. Gut 35 Mio. schottische Pfund nahm der unabhängige Konzern in die Hand und baute auf der grünen Wiese „from the scratch“ die Ikone wieder auf. Grins 🙂 Denn auch dieser Whiskey wurde zumindest bis 2014 in der Midelton Brennerei im Süden hergestellt, genau das Jahr, in dem die Grants of Dufftown die erste Produktion am eigenen Standort von Tullamore wieder aufnahmen.
Und es sind schon beeindruckende Zahlen: Schiere Größe, neueste Technologien, modernste Produktionsmethoden, sowohl eine reine Pot Stil Brennerei die seit 2014 arbeitet wie auch eine pure Grain Distillery die gerade auf dem Gelände gebaut wird. Bis in einigen Jahren sollen insgesamt 13 Warehouses auf dem Gelände hinter der Brennerei stehen, die jedes für sich um die 55.000 Einzelfässer unterschiedlicher Größe zur Reifung aufnehmen können. Das ist nicht ganz irischer Weltrekord aber mehr als beeindruckend, denn es gibt ja noch die Irish Distillers im Süden der Insel die in Midleton das Maß aller Dinge stellen. Dort produziert man derzeit rund 60 Mio. Liter reinen und feinen Trinkalkohol und lässt die Brände in bis zu 1,10 Mio. Fässern reifen. In Tullamore werden es bald um die 700.000 Fässern an Whiskey sein.
1,10 Millionen Fässer mit reifendem Whiskey in Midleton
Schier unglaubbare Mengen für den Durchschnittsgenießer, der im Jahr vielleicht 1 oder 2 Flaschen kauft und dann fürstlich konsumiert.
Mit Blick auf das beeindruckende Gelände und der mächtigen Pot Still Produktion und den Lettern Tullamore Distillery im Vordergrund des Gebäudes schauen wir parallel auf den rauchigen Single Malt in der orangen Verpackung. Wir entschließen uns nämlich direkt vor den Toren von Tullamore unsere Flasche Connemara zu öffnen und einen Toast auf die gesamte irische Whiskey-Industrie auszubringen – Slainte – Gesundheit – erhebt Martin das Kilbeggan-Nosingglas und die anderen stimmen ein – Slainte Mhath – Gute Gesundheit!
Und gutes Wachstum wie auch viele tolle Jahre wünschen wir den Iren nebenbei mit ihrem nun endlich wieder aufstrebenden Wirtschaftszweig der Whiskeyherstellung. Mögen viele Liter an edlem Stoff durch die Pot Stills und Patent Stills fließen. Unser Fahrer schaut blöde drein, denn der muss uns nachher ja noch in die wirkliche Region Connemara in den Westen mit unserem Auto schippern.
Connemara-Land liegt im Westen
Und der Connemara Whiskey kommt doch tatsächlich aus dem Osten des Landes, dem County Louth, während Connemara eigentlich eine schöne Region im Westen ist. Und das beste dabei! Unsere Gruppe ist nämlich jetzt direkt aus der Mitte des Landes unterwegs in den Westen von Irland. Zuerst fahren wir durch die nette Studentenstadt Galway direkt am Meer gelegen, direkt weiter westwärts in die rauhe und überschöne Connemara-Region. Und da haben wir schon den Fehler gefunden – denn wie gesagt der Connemara Irish Whiskey hat mal gleich gar nichts mit der faszinierenden Region Connemara zu tun. Er entsteht im Osten bei Cooley´s und ist ein Kind und Erfindung der Teeling Familie. Dr. John Teeling brachte dieses Produkt in seiner Brennerei als Geburtshelfer zum Leben.
Fahrt nach Westen
Irland ist nicht wirklich riesig und dennoch dauert die Fahrt aus der zentralen Mitte des Landes von der Stadt Tullamore in den Westen direkt nach Clifden heute eine gefühlte halbe Ewigkeit. Der Motorway zwischen Dublin im Osten und Galway ist Westen ist wirklich sehr gut ausgebaut und dennoch ist die Mitte des Landes für uns flach, monoton, eintönig und meist landwirtschaftlich geprägt. Wir haben den Eindruck wir fahren ein bisschen durch deine norddeutsche Tiefebene. Gut dass wir nach annähernd zwei Stunden Fahrt endlich durch die quirlige Stadt Galway kommen. Die Straßen werden danach bald windiger und holpriger und dennoch sind wir froh nur noch ca. weitere 70 km bis Clifden in den wirklichen Westen zu haben. So wollen wir Irland sehen und haben, jetzt wir es langsam einzigartig! Beeindruckende Landschaften mit tollen Tälern und Seen, Landschaften ähnlich wie in den schottischen Highlands und immer wieder eine tolle Lichtstimmung zwischen Licht, Sonne und Schatten.
Clifden
Es ist 18:30 Uhr und wir rollen endlich etwas außerhalb von Clifden in den Innenhof der Hillside Lodge B&B. Wetter geil, Landschaft und Ausblicke genial und eine sehr herzliche Gastgeberin bei der folgenden Begrüßung. Die Wahl dieser Übernachtung war mal wieder ein Glücksgriff und belohnt für die lange Suche im Vorfeld der Reise.
Schon beim Eintreten ins Haus werden wir sehr warm und herzlich mit einem „Welcome in the best region of Ireland“ begrüßt. Wir grinsen!
Im Übrigen sagt man in Irland auch „Ein Land von Freunden, auch wenn man seinen Gegenüber bisher noch nicht kennengelernt hat.“ Und genauso ist es auch hier bei unserer Ankunft mit der herzlichen Begrüßung – beeindruckend und nicht gespielt – fast wie zuhause ankommen.
Und vermütlich hat unsere Hausherrin auch Recht mit ihrer Aussage über die Schönheit der Region, wird uns am nächsten Tag bewusst. Der Sonntag zum Genießen – vor uns das Meer und im Rücken die Connemara-Berge.
Sonntag, der 07. Mai 2017
Sonntag war ursprünglich als Wandertag im Connemara-Land geplant gewesen, so hatten wir das in Deutschland vorab besprochen gehabt. Quasi ein wirklich Whiskey freier Tag, ausser ein Dram aus der Flasche Connemara Turf Mor, die im Rucksack auf ihre erneute Öffnung wartet. Aber zuerst gilt es mal die Landschaft zu erkunden und die besten Plätze als Rastplätze über den Tag auszukundschaften. Jedoch erkunden brauchen an diesem Tag eigentlich gar nichts, hier ist alles fast ein Wahnsinn mit dieser Sicht in die Weite, dem glasklaren Meer, den nahe gelegenen Bergen, Seen, Schafe auf den Wiesen und vielen abgelegenen Gegenden. Aber nun erst mal Frühstücken 🙂
Nach einem langen Abend und ausgedehnter Nacht unter Freunden im besten Fischrestaurant der Gemeinde, danach im Pub Live-Musik und einem langen „Absacker“ im B&B klingelt der Wecker schließlich schon um 07:30 Uhr und die Sonne brennt einem mit dem ersten Blick auf den Atlantik mitten ins Gesicht. Schlafen können wir eh wieder zuhause denkt sich wohl jeder unabhängig von uns, Wetter genial, Landschaft herausragend. Also raus aus den Federn und „ab dafür“. Und das beste dabei – wir lagen alle direkt neben herausragenden Musikinstrumenten von beeindruckenden Künstlern wie Sting. Denn; der Mann unserer B&B Chefin war früher ständig auf Tour mit den Größen der Musikbranche. Ich selbst hatte Sting´s Bassgitarre neben meinem Bett hängen.
Egal ob hiersFull Irish Breakfast, Räucherlachs, frische Früchte oder leicht warmem Porridge mit Zimt, es ist mal wieder phantastisch den Tag mit solch einem reichhaltigen Frühstück zu beginnen. Wahrscheinlich sind wir wieder bis zum Abend davon gesättigt, bevor wir dann zum Dinner eine leckere Fischplatte oder ein tolles Steak vertilgen werden – viel frische Luft und Sightseeing machen eben hungrig.
Die Sky Road
Aber beginnen wir mal ganz von vorne mit unseren heutigen Point of Interests. Eigentlich wollten wir wie schon angedeutet in den Connemara National Park bei Letterfrack auf die Berge steigen. Aber es sprechen drei Dinge einfach situationsbezogen klar dagegen: das super Wetter, Sonntag mit vielen Besuchern im Park und wir sind eigentlich schon im Paradies an den genialsten Stränden direkt vor unserem B&B angekommen. Und unsere Hauswirtin meinst noch oben drauf „I´am a beach Girl und prefer walks along the nice beaches in the region, Especially in the morning are the beaches in the area are having an colour of turquoise“. Wir schauen uns in die Augen und das ist abgemacht! Rechts raus aus der Einfahrt und direkt auf die Coastal Sky Road. Kaum die ersten zwei Kilometer gefahren wird die Entscheidung mehr als nur bestätigt. Eine „geile Ecke“ wenn man das mal so sagen oder schreiben darf. Die Sonne brennt, das Meer liegt da wie ein Brett und wir suchen uns bei Ebbe einen Strand zum wandern.
Und der richtige Platz ist schon gefunden! Wir biegen einfach rechts ab mit dem Blick über die tiefblaue See und verschiedene vorgelagerte Inseln. Auto abstellen, Kamera zücken und im morgendlichen Licht den teilweise felsigen Strand elektronisch als Bild absteichern. Auf einmal etwas ungewöhnliches, an uns fährt ein Auto vorbei während wir bei Ebbe über den Sand laufen Richtung einer kleinen Inseln namens Omey Island. Ist schon witzig und in Deutschland nahezu undenkbar mit dieser Freiheit Dort, zwischen Festland und Insel, findet auch wiederkehrend ein wichtiges Pferderennen über den Strand statt erfahren wir später.
Der Spaziergang macht durstig und wir suchen uns etwas oberhalb einen Pub für einen leckeren Dry Cider oder ein Guinness. Der Blick schweift über den langen und trocken gelaufenen Strand während unten nach und nach die Flut wieder die Oberhand bekommt und der Autoverkehr wieder zurück geht. Wir holen uns noch ein Pint um die Sonne und die Ausblicke zu geniessen und fragen die Wirtin ob die Insel gegenüber bewohnt sei! Bis vor zwei Monaten meint sie und zeigt auf ein Bild an der Wand mit einem alten Herrn und seinem Hund im Auto – er ist leider vor zwei Monaten verstorben – dies sind nur noch Ferienheime.
Wir bedauern den Verlust und in dem Fall fällt uns auf dass die meisten Iren irgendwie für uns besser zu verstehen sind als viele Schotten auf unseren letzten Reisen durch die Highlands und der Speyside von Schottland. Aber fahren sie mal nach Nordirland, Derry oder Belfast, dann werden sie ihr Ohrwunder erleben. Auch wir erleben im Norden noch unser blaues Sprachwunder.
Es ist fast frevelhaft diesen Ort der Ruhe mit seinen Ausblicken um die Mittagszeit zu verlassen aber es gibt noch genügend zu erkunden und wir haben ein Tagesziel. Wir wollen noch zum Kylemore Abbey, vor über 150 Jahren ein Grundstück in Familenbesitz zum großen Anwesen direkt am See aufgebaut wurde. Heute ist es ein bewirtschaftetes Benediktiner-Klöster mit riesen Waldbestand und Viktorianischen Gartenanlagen und dann sollten wir noch weiter über die schmale R335 zum heiligem Berg bei Westport – dem Croagh Patrick.
Kylemore Abbey
Das Kylemore Abbey ist sehr leicht zu finden, liegt es doch genau an der durchziehenden Strasse entlang des West Atlantik Way im County Galway.
Das Mainistir na Coille Móire, wie es im irisch-gealischen heißt, ist heute die älteste irische Benediktinerinnenabtei. Doch eigentlich war der Beginn ein ganz anderer: Das Schloss und der später angelegte Viktorianische Mauergarten von Kylemore wurden von dem Großindustriellen und Politiker Mitchell Henry ab 1867 für sich und seine Ehefrau Margaret Henry in einer 4-jährigen Bauzeit erstellt. Die Henrys hatten neun eigene Kinder. Während eines Urlaubs in Ägypten erkrankte Margaret Henry an der Ruhr und verstarb innerhalb weniger Tage. Ihr Leichnam wurde nach Kylemore zurückgebracht und in dem extra für sie errichteten Mausoleum beigesetzt.
Croagh Patrick
Leider müssen wir den Croagh Patrick rechterhand während der Autofahrt liegen lassen, dennoch wollen wir kurz über diesen Berg und sein Besonderheiten berichten. Der Croagh ist der heilige Berg in Irland liegt schon im nördlichen County Mayo. Der Cruach Phádraig ist 764 Meter hoch und gilt als Pilgerstätte und Wallfahrtsort für Gläubige. Im Jahr 441 soll der heilige Patrick auf den Berg gestiegen sein und dort 40 Tage gefastet haben. Während seiner Zeit auf dem Berg soll er eine Kapelle erbaut haben. Der Legende nach warf er eine Glocke hinab und vertrieb damit künftig alle Schlangen von der irischen Insel. Im Sommer am Reek Sunday, es ist der letzten Sonntag im Juli, steigen etwa 25.000 Pilger den Berg hinauf. Dabei laufen viele barfuß über das Geröll.
Achill Island
Und unser nächstes B&B für die Nacht ist auf der größten irischen Insel – Achill Island. Irland wird selbst als Insel angesehen und hat auch noch eigene Inseln – wie genial ist das denn. Über die landschaftlich beeindruckenden Nebenstrecken des West Atlantik Way ist das Fortkommen auch nicht gerade als zügig zu bezeichnen. Aber wir sind ja zum Genießen wie auch gewerblichen Whiskey-Geschäften nach Irland gekommen und meiden in jedem Fall unnötig auf das Gaspedal zu treten.
Für die Planung einer Reise ist es auch am besten immer überschaubare Ettagen über den Tag durch Irlands Westen zu fahren um am Ende nicht noch eine überlange Strecke vor sich zu haben. Es gibt immer genug zu sehen am West Atlantik Way. Und es bedarf auch einer guten Vorplanung über den jeweiligen Streckenabschnitt und überrascht selbst uns immer wieder wie die Zeit über den Tag wie im Flug vergeht.
Vom Kloster Kylemore könnte man natürlich die kurze und direkte Strecke über Westport und Achill nehmen, aber das wäre ja zu einfach für uns. Wir haben uns für die Woche große Strecken des West Atlantik Way vorgenomen, so nahe wie möglich am Meer zu sein, und das tun wir auch intensiv jedem einzelnen Tag. Aber muss auch ehrlich sein, eine der längsten Küstenstrecken der Welt, kann man in 10 Tagen nur immer partiell bereisen. Und wie die Asiaten üblicherweise Europa in 5 Tagen, das geht hier überhaupt nicht.
Wie gestern abend erreichen wir auch heute unseren „daily stop“ wieder um ca. 18:30 Uhr ohne es genau berechnet zu haben. Genau rechtzeitig um kurz einzuquecken, die Wahl des heutigen Dinner-Restaurant festzulegen, und noch einige Meter durch die Ortschaft zu laufen. Keel, unserer heutiger Standort, liegt fast im äußersten Westen der Insel traumhaft an einem sehr flach auflaufenden Strand mit den hoch aufragenden Klippen gegenüber. Mehr als nur beeindruckend ist dies vom Wintergarten des Atlantik Breeze B&B zu betrachten. Noch einen warmen Tee und dabei den Blick über die letzten Grünstreifen mit weidenden Schafen schweifen lassen, welche schließlich in den Weiten des kalten und heute ruhigen Atlantik münden.
Ausklang zum Dinner und im Local Pub
Céad Mile Fáilte – hundert thousands welcomes – steht über dem Spirituosenregal des lokalen Dorfpub mitten in Keel und dennoch können wir uns heute für keinen der Whisky-Brände wirklich entscheiden. Wahrscheinlich ist unsere Erwartungshaltung in Sachen Whiskey auch schon auf einem entsprechenden Niveau im Laufe der Jahre angelangt, was der Local Pub gar nicht mehr bedienen kann. Sind die irischen Pubs wirklich mit hochwertigen Whiskeys ausgestattet? Meist nein!
Dabei ist Deutschland eines der zentraleuropäischen Dreamlands in Sachen Whisky, in dem es leckere und edle Produkte fast im Überfluss zu sehr guten Preisen gibt. Hier im Pub sind wir mehr als enttäuscht! Johannis Walker Red, einfache Tullamore´s und Bushmills aber keinen richtigen Single Malt oder Pure Pot Still, ist halt doch ein einfacher Dorfpub weit draussen am Meer. Und dabei würden selbst die einfachen Varianten im kleinen Glas so um die 7 bis 8 Euro kosten, das erscheint uns zu hoch ohne jetzt als geizige Schwaben gelten zu wollen. Wir bleiben dem cremigen Guinness treu, versprechen uns gegenseitig nach dem 20-minütigen Rückmarsch entlang des Atlantik auf dem Parkplatz unseres B&B noch einen leckeren Single Malt für die gute Nachruhe mit lecker Geschmack zu uns zu nehmen, und gehen danach erfüllt in die Koje. Und so geschah es mit unserem in Irland gekauften Connemara Turf Mor und einem letzten Blick auf Mond und Jupiter, die heute fast Einigkeit präsentieren.
Wir müssen für Montag wieder fit sein, denn es wird höchst interessant werden! Das Wetter wird wieder spitze und wir werden direkt nach dem Frühstück auf eine der höchsten Klippen Europas wandern. Danach geht es zurück aufs Festland in Richtung unseres unserer nächsten Station in die Stadt Sligo, der Ort in dem der englische Lord Mountbatton im Jahre 1979 durch IRA Terroristen hinterrücks ermordet wurde, im übrigen ein Großonkel von Prinz Charles.
Und das Highlight für einen Montag! Wir starten nach dem Wochenende mit den ersten wichtigen Besuchen in irischen Whiskey-Brennereien. Und wir starten mit sehr unbekannten Marken und Brennereien, welche die sich entweder noch im Bau befinden oder noch gar keinen gereiften Whiskey anbieten kann. Aber wie sagt man immer so schön: „The early bird catches the worm“. Denn nachmittags haben wir einen exklusiven Termin bei der noch sehr jungen Connacht Distillery um erste Kontakte zu knüpfen und den „Stoff“ der Zukunft“ in Augenschein zu nehmen. Slainte und Gute Nacht!
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Hier klicken: Whisky Reise Irland 2.0 im Mai 2017 – Tag 4 und 5 – Der Westen und Whiskey
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